GAK
GAK-Choreografien wie hier im Cup-Achtelfinale gegen Sturm Graz werden auch wieder im Oberhaus zu sehen sein.
der Plankenauer/Mag. Plankenauer

Graz – Es waren nur zwei Wörter. Zwei Wörter, die auf Matthias Dielachers Display aufschienen. Am 27. Juli 2013 saß der Steirer am Nachmittag im Hafen von Kopenhagen, kurz nach 16.30 Uhr vibrierte sein Handy. Absender: Herbert Mader, Schriftführer. Kein Roman, keine Überschwänglichkeiten, keine Herzis, keine Emojis. Einfach nur zwei Wörter: "Sie spielen!"

An diesem Tag, im Juli vor elf Jahren, spielte der GAK wieder Fußball. Zwar als GAC, aber immerhin. Der 1:0-Sieg im Steirercup gegen TUS Rein war vom Glanz und Glamour der längst vergangenen Zeiten weit entfernt. Er war aber auch weit genug entfernt von den dunkelsten Zeiten jenes Vereins, den es ein Jahr zuvor so nicht mehr gegeben hatte. Vier Konkurse zwangen den Traditionsklub aus Graz in die Knie. Oder, anders: Der Traditionsklub aus Graz brachte sich selbst mit vier Konkursen ins Grab. 2004 wurden die Rotjacken noch Meister, man spielte Champions-League-Qualifikation in Liverpool, man war längst eine Konstante auf Österreichs Fußballkarte. Wenig später wurde man zum Gespött des Fußballlandes: Zwangsabstieg in die Regionalliga, 2012 wurde der Spielbetrieb eingestellt. Der GAK war mausetot.

Steiniger, schneller Weg

Nur wollte das nicht jeder so akzeptieren: "Wir wollten einfach nur unseren Verein wieder spielen sehen", erinnert sich Dielacher. Der 47-Jährige war federführend an der Wiederauferstehung des GAK beteiligt. Gespielt wurde zunächst als GAC, also Grazer Allgemeiner Club für Fußball, später konnte man wieder in den Stammverein eingegliedert werden und heißt seither Grazer AK 1902. Dielacher ist heute Geschäftsführer Akademie und Teil des Vorstands. Denn: Sie spielten wieder. Und wie: Am Sonntag markierte der GAK das Ende seiner Reise. Einer Reise, die ihresgleichen in Österreich und vielleicht sogar im europäischen Klubfußball sucht. Nach der Neugründung folgten sechs Meistertitel in Folge. Am Sonntag stand der siebente fest: Er bedeutet den Wiederaufstieg in Österreichs höchste Spielklasse.

Stürmer Daniel Maderner war einer der Leistungsträger der Meistersaison.
APA/ERWIN SCHERIAU

So fulminant und reibungslos der Weg auf den ersten Blick erscheint, so steinig präsentiert er sich bei genauer Nachfrage. Der große Name, die Marke sind Handicap und Bonus zugleich – Erwartungshaltung, sportliche Realität und Vergangenheitsbewältigung waren seit dem Start in der untersten Liga ein Dauerthema. Das galt vor allem für den Platz, denn dort liegt bekanntlich die Wahrheit: "Wir haben schnell gemerkt, dass es nicht reicht, wenn man 100 Prozent gibt, denn gegen uns waren die Gegner immer besonders motiviert. Jeder wollte den GAK schlagen", erzählt Dielacher dem STANDARD. In der Oberliga und der Landesliga war es beispielsweise ziemlich eng. Die als besonders fordernde geltende Regionalliga Mitte schafften die Rotjacken auf Anhieb. 2019 war man zurück in die 2. Liga. Nach Anlaufschwierigkeiten im ersten Jahr etablierten sich die Grazer im gesicherten Mittelfeld.

Entgegen der stetig wachsenden Erwartungshaltung stiegen die Verantwortlichen immer wieder auf die Bremse. Der (neue) GAK übte sich in Demut und Vorsicht, vorbei waren die Zeiten des Größenwahns im Lechzen nach Erfolg. Nur keine Risiken, nur kein Wahnsinn. Dielacher: "Bei jeder Mitgliederversammlung wurde mir immer wieder gesagt: Bitte seids vorsichtig." Der Verein musste unter allen Umständen gesund bleiben, die Geister der Vergangenheit waren noch nicht lange ausgetrieben. Dabei half auch eine klare Gewaltentrennung: "Wir als Vorstand wissen, dass wir vom Fußball eigentlich keine Ahnung haben, und vertrauen auf unsere sportliche Leitung und Sportdirektor Didi Elsneg." Und: "Auch unsere Fankurve verzichtet auf Einmischung in den Verein. Sie unterstützen bedingungslos die Handelnden, sind Rückhalt für die Mannschaft, aber auch den Vorstand."

Der Zuspruch wurde kurioserweise mit jedem Nackenschlag größer. 2007 hatte der GAK laut Dielacher 400 Mitglieder, nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga waren es rund 800, mittlerweile hält er bei 1300 Mitgliedern.

Schlaflose Nächte und ein Anruf

Apropos Nackenschlag: Im Juni 2023 verpassten die Grazer am letzten Spieltag in Dornbirn den Aufstieg in die Bundesliga, mussten BW Linz den Vortritt lassen. Dielacher konnte wochenlang nicht richtig schlafen. Und doch war das 1:1 ein Lebenszeichen, tausende Fans waren aus Graz nach Vorarlberg gekommen, nach dem Schlusspfiff wurde geweint und getröstet. Ausschreitungen blieben aus. Der Scherbenhaufen wurde schnell zusammengekehrt: "Dann eben nächstes Jahr."

In Dornbirn spielte sich 2023 Dramatisches ab.
APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Gesagt, getan. Nach einer beeindruckend katerfreien und souveränen Saison steht das Team von Coach Gernot Messner vier Runden vor Schluss als Meister der zweiten Liga fest. Und auch diesen Sonntag hat Dielacher viele Nachrichten bekommen. Er selbst hat Franz Ornig angerufen. Ornig war Besitzer von Ornig Schuhe in Unterpremstätten im Umland von Graz, ist weit über 90 Jahre und ein Erzroter. "Damals, 2013 in der 1. Klasse Mitte A, habe ich Franz versprochen, dass wir das reparieren, dass wir alles wieder herrichten", erinnert sich Dielacher. Elf Jahre später wählte Dielacher Ornigs Nummer: "Franz, jetzt ist es erledigt." (Andreas Hagenauer, 7.5.2024)